Die Offenbarung der christlichen Gesinnung im Verhalten bei Reichtum, Armut und Mittelstand
Betrachtung: Der Christ zeigt sich als Christ im häuslichen, bürgerlichen, kirchlichen "Verein"; überall glänzt die Perle des Christentums, die ungetrübte, beharrende Treue in dem, was ihm gegeben ist, hervor. Sie lehrt ihn auch, in alle Umstände des Lebens sich zu fügen und von jedem Schicksal zweckmäßigen und eben deshalb guten Gebrauch zu machen; Reichtum, Armut und Mittelstand sind ihm weiter nichts, als ein Ruf seines Herrn, den Willen der höchsten Weisheit in jeder Lage und in allem Wechsel des Lebens anzuerkennen und zu vollbringen.
Die christliche Gesinnung offenbart sich in allen Verhältnissen und Zuständen des menschlichen Lebens auf zweifache Weise, dadurch nämlich, dass sie erstens entfernt und ausschließt, was der höchsten Bestimmung des Menschen, das heißt der Vereinigung desselben mit Gott in Christus, widerspricht; und dass sie uns zweitens von innen aus anweist und antreibt, von jedem Zustande, in dem wir uns befinden, einen Gebruach zu machen, der gottgefällig und dem Menschen heilsam ist.
Die christliche Gesinnung ist es, welche die Gefahren und die nachteiligen Folgen, die sich fast immer mit dem Reichtum verbinden, fernhält und demnach Sünden, welche die Reichen gewöhnlich begehen, vermeiden lehrt.
Sie wehrt dem Stolz, der, auf ungewisse Reichtümer sich verlassend, mit Übermut und Verachtung auf andere hinabschaut; sie widersteht der Unmäßigkeit und Schwelgerei, der Wollust und der arbeit- und pflichtscheuen Bequemlichkeitsliebe, der Üppigkeit, dem Luxus in allen seinen Gestalten und der Anhänglichkeit an irdische Güter, die ein wahrer Götzendienst ist und das ewige Leben nicht aufkommen läßt.
Die christliche Gesinnung ist es, die, nicht zufrieden, den Reichtum für die Tugend unschädlich und gefahrlos gemacht zu haben, ihn auch zur reichhaltigen Segensquelle macht, indem sie mit demselben die Hungrigen speist, die Nackten kleidet, die Fremden beherbergt und jeder anderen schreienden Hilfsbedürftigkeit, ja selbst der verschämten Armut, zu Hilfe eilt.
Sie, die christliche Gesinnung, ist es, die im dürftigen Menschen nicht den Menschen, sondern im Menschen Christus selbst erquickt, speist, tränkt, kleidet.
Sie ist es, die nicht bloß die Bedürfnisse der Gegenwart im Auge hat, sondern selbst für die Bedürfnisse kommender Jahrhunderte sorgt, indem sie die zeitlichen Gaben Gottes als Kapital anlegt, welches Zinsen für die Nachwelt und die Ewigkeit trägt. Die Zinsen für die Nachwelt pflanzen sich, unter dem Schutz der Gesetze und dem Auge der wachenden Providenz, als fromme, weise Stiftungen und die zukünftige Menschheit fort, und fördern noch in den spätesten Enkeln die Keime der Religion und Tugend, der Kunst und Wissenschaft, spenden Gesundheit unter den Kranken, Sättigung unter den Hungrigen und Erquickung den Betagten aus.